TIPS & TRICKS BEIM STOFFKAUF
- Susann Werner
- 2. Jan. 2023
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 29. Jan. 2023
Wie man den richtigen Stoff fürs Nähprojekt auswählt und was beim Stoffkauf sonst noch wichtig ist

In den meisten Geschäften gibt es so eine große Stoffauswahl, dass sich jede Entscheidung für einen einzigen Stoff wie ein Massenmord an Möglichkeiten anfühlt oder man erst gar nicht weiß in welchem Regal man eigentlich anfangen soll zu suchen.
Welchen Stoff benutzt man für was and wie wähle ich aus hunderten von Stoffen den Passenden aus? Mit ein paar Überlegungen vorab und ein wenig Stoffkunde vorab kannst du deine Stoffauswahl meistens schon ganz gut eingrenzen und dich dann vom Stoffangebot inspirieren lassen.
STOFFKUNDE
Worin unterscheiden sich die ganzen Stoffe?
Abgesehen von verschiedensten Farben und Mustern, lassen sich die gängigsten Bekleidungsstoffe grob in 2 Kategorien einteilen:
Webware (rechwinklige Verkreuzung von Fäden)
Maschenware (kleine bis große Maschen wie man sie vom Stricken kennt)
Generell eignet sich Webware für Anfängerprojekte, da sie nicht dehnbar ist und bei der Verarbeitung einfacher zu handhaben ist. Zudem werden keine Spezialnadeln benötigt und es kann mit dem gängigsten Stich (Geradstich) an der Nähmaschine genäht werden.
Maschenware hingegen ist auf Grund der Maschenstruktur grundsätzlich dehnbarer und benötigt bei der Verarbeitung etwas mehr Fingerspitzengefühl und sollte stets mit ebenfalls dehnbaren Sticharten (z.B. Zick-Zackstich) verarbeitet werden, damit die Naht nicht reißt.
| WEBWARE | MASCHENWARE |
Herstellung | Gewebt auf einem Webstuhl, Fäden die im 90° Winkel miteinander verkreuzt sind | Maschinelle Herstellung auf Strickmaschinen, kleine bis große Maschen |
Vorteile | einfach zu verarbeiten, formstabil, | Dehnbar, anschmiegsam, knitterarm |
Nachteile | ohne zusätzlichen Elasthananteil nicht dehnbar, knitteranfällig | kann ausleiern, schwieriger in der Verarbeitung, Spezialnadeln benötigt |
Verwendung | Jutebeutel, Jeans Kissenhüllen, Hosen, Jacken & Mäntel | Babykleidung, T-Shirts, Leggings, Pullover, Unterwäsche |
Stoffbezeichungen | Denim, Canvas, Cord, Popeline, Batist, Satin, Baumwollwebware | Grobstrick, Jersey, Sweat, Rippstrick, Interlock, Stretchsamt |
Neben der Herstellungsart des Stoffes spielt auch der Faserrohstoff eine wesentliche Rolle bei der Auswahl. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen 3 verschiedenen Fasermaterialien:
natürliche Fasern & Regeneratfasern
synthetische Fasern
Fasermischungen
| Natürliche Fasern & Regeneratfasern | Synthetische Fasern | Fasermischungen |
Faserarten | Baumwolle, Leinen, Seide, Wolle, Viskose, Modal, Rayon, Acetat | Polyester, Polyamid, Elasthan, Nylon, Kunstleder, Polyacryl | 95% Baumwolle & 5% Elasthan usw. |
Vorteile | atmungsaktiv, temperaturbeständig/ heiß waschbar (Baumwolle, Leinen), nachwachsender Rohstoff | recyclebar, knitterarm, trocknen schnell, preisgünstig, | Kombination mehrerer positiver Eigenschaften (z.B. Elasthananteil für Dehnbarkeit) |
Nachteile | knitteranfällig (Baumwolle, Leinen), Neigung zu wasser- & Schweißrändern (Seide), teilweise recyclebar, wasserintensiv in der Herstellung, Anfällig für Motten (Wolle) | kaum atmungsaktiv/ man schwitzt schnell,erdölbasierender Rohstoff, läd sich schnell elektrisch auf, hitzeempfindlich (nicht heiß waschbar und bügelbar) | kaum recyclebar, |
Mehr Infos zu Stoffen und deren Eigenschaften findet man z.B. im Blog von Pattydoo (deutsch) oder hier (englisch).
ÜBERLEGUNGEN VOR DEM STOFFKAUF
Was möchte man nähen?
Was man nähen möchte, hat einen entscheidenden Einfluss darauf welche Stoffe am besten für ein Nähprojekt geeigent sind. Überlege dir vorher was du nähen möchtest, für welchen Anlass es gedacht ist und für wen du nähst. Am besten stöbert man vorher im Internet und in Geschäften, um sich Inspiration zu holen welche Art von Material/ Design einem gefällt bzw. für das eigene Vorhaben gut geeignet sein könnte.
Dehnbare Maschenwaren aus Baumwolle wie z.B. Jersey sind ideal für körpernahe T-Shirts und bequeme Bekleidung. Überwiegend synthetischen Fasern wie z.B. Polyester eignen sich zwar nicht für atmunksaktive Sommerkleider sind aber häufig die preisgünstigere Wahl für Accessoires. Hochwertige aber empfindliche Stoffe wie z.B. Wolle halten dich in einem Wintermantel besonders warm und eine gelegentliche professionelle Reinigung ist kein allzu großes Problem. Babykleidung hingegen sollte auch bei hohen Temperaturen in der Waschmaschine zu Hause waschbar sein und überwiegend, d.h. synthetische und hitzeempfindliche Materialien wie Polyester eignen sich für Kinderkleidung eher nicht.
Welche Farbe/ Muster?
Durch das Licht in Geschäften oder die Darstellung im Onlinehop sehen Farben oft anders aus als bei Tageslicht. Am besten schaust man sich das Material im Original an und kann es ggf. in der Nähe von einem Fenster anschauen. Je nachdem was für einen Schnitt du ausgewählt hast, eignen sich groß- oder kleinflächige Muster besser. Bei kleinen Accessoires z.B. geht ein zu großes Muster schnell unter. Karierte Stoffe sehen schnell unruhig aus bei zu vielen Teilungsnähten bzw. das Muster stimmt schnell an den Nähten nicht überein und kann einen beim Zuschnitt und Nähen in den Wahnsinn treiben.
Wie fällt der Stoff?
Den Fall des Stoffes kann man sich am Besten visualisieren, wenn man ihn mal einen Meter abrollt und hängen lässt und sich anschaut ob er eher fließend, schwer oder steif fällt. Soll das Nähprojekt z.B. ein Faltenrock werden, lohnt es sich den Stoff auch mal in Falten zu legen, um es sich besser vorstellen zu können.
Ist der Stoff dehnbar?
Ob und wie sehr sich ein Stoff dehnt, findet am Besten heraus wenn man einfach an ihm in Querrichtung zieht. Dehnbare Stoffe haben in der Regel die höchste Dehnbarkeit im 90° Winkel zum Fadenlauf (der Fadenlauf verläuft in der selben Richtung wie die Webkante, also die laaange Seite des Stoffs und nicht die fixe Warenbreite).
Generell eignet sich nicht-dehnbare Webware besonders für Anfängerprojekte, da sie nicht dehnbar ist und bei der Verarbeitung einfacher zu handhaben und keine Spezialnadeln und keine besonderen Stiche (z.B. Zick-Zack Stich) an der Nähmaschine benötigt im Vergleich zu dehnbaren Maschenwaren.
Ob man einen dehnbaren Stoff benötigt, hängt ganz vom Nähprojekt ab. Für ein T-Shirt mit engem Halsausschnitt, welches über den Kopf gezogen wird ist das unabdingbar, während man für eine Handtasche einen möglichst formstabilen/ nicht-elastischen Stoff wählt.
Wie viel Stoff kaufen?
Stoffe werden überwiegend in einer Breite von 140cm hergestellt. Diese Angabe findet man meist an der Stoff rolle. Häufig liegen Stoffe doppelt/ doubliert, d.h. sie sind der Länge nach gefaltet und sind platzsparend auf 70cm gerollt.
Kauft man fertige Schnittmuster findet man immer eine Angabe zum benötigten Stoffverbrauch und Stoffbreite. Die Angabe 2m Stoffverbrauch bei einer Stoffbreite von 140cm bedeutet dann, dass man 2m Stoff von einem Stoff mit 140cm Stoffbeite kauft. Hat man sich für einen Stoff entschieden, sollte man lieber immer etwas mehr kaufen als zu wenig. Damit bist du auf der sicheren Seite, wenn du wenn der Stoff beim Vorwaschen einläuft oder du dich vernähst. Nichts ist schlimmer, wenn man ein Projekt nicht beenden kann, weil man den Stoff nicht mehr nachkaufen kann.
Ist der Stoff knitteranfällig?
Stoffe im Stoffladen sehen in der Regel alle ziemlich glatt aus und haben nur wenige Knitter, da sie glatt und maschinell aufgerollt wurden. Um Herauszufinden, ob ein Stoff sich im alltäglichen Gebrauch als Hose oder Rock stark knittern würde, findet man ganz einfach mit der Knitterpobe heraus. Dazu rollt ihr euch etwas Stoff ab und nehmt ihn in eure Hand und ballt diese für ein paar Sekunden zur Faust und lasst dann los. Stoffe mit ein paar prozenten Elasthananteil, Maschenware und synthetische Fasern wie z.B. Polyester neigen weniger zu Knittern als z.B. eine Baumwollwebware.
Ist der Stoff durchsichtig?
Wie transparent ein Stoff ist, lässt sich am Besten herausfinden, wenn man ihn sich auf die Haut legt oder gegens Licht hält. Für nichtgefütterte Kleidung oder verdunkelnde Vorhänge sollte man das auf jeden Fall vorher im Laden austesten.
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